Das deutsch-japanische Leben in Hamburg schlägt manchmal merkwürdige Kapriolen. Sind andere Kultur-Partnerschaften, zum Beispiel die deutsch-italienische, es gewohnt, dass mit schöner Regelmäßigkeit rund ums Jahr mindestens zwei bis drei wöchentliche Veranstaltungen den Interessierten geboten werden, gab es über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten so gut wie nichts aus dem deutsch-japanischen Leben zu berichten - abgesehen von einem spannenden Vortrag, der aber zu einer Uhrzeit stattfand, der es Berufstätigen unmöglich machte, daran teilzunehmen (immerhin: restlos besetzt war die Veranstaltung trotzdem). Nach dieser langen Ruhepause gab es am 04. März nun aber gleich zwei spannende Veranstaltungen, die sich alle Japaninteressierten nicht entgehen lassen durften.
|
Eröffnungszeremonie und "Puppenberg" |
Neunzehn Jahre alt und nunmehr erwachsen, präsentierte sich das Hamburger Hina Matsuri (Mädchenfest) mit einer sehr erfreulichen Entwicklung. Vor ein paar Jahren noch etwas verschlafen, haben die Cosplayer, Manga- und Anime-Fans frischen Wind in die Veranstaltung gebracht und die Verantwortlichen haben das ihrige dazu beigetragen, das Fest möglichst abwechlsungsreich zu gestalten. So hätten wir uns das auch schon in früheren Jahren gewünscht!
|
Kalligraphie-Kurs und Märchenstunde |
Das Fest begeisterte die Besucher mit einem Programm, in dem sich fast alle Interessen wiedergefunden haben dürften. Einerseits wurde das traditionelle Japan in zeitgemäßem Gewand präsentiert: Wirklich spannende, action-geladene Kampfkunst-Vorführungen der Ninjutsu-Akademie Hamburg wechselten sich ab mit Angeboten, bei denen die Besucher selbst aktiv werden konnten wie beispielsweise beim Furoshiki (wunderschöne Tücher werden zum Beispiel um ein Geschenk kunstvoll gefaltet), beim Origami (das dank supernetter Lehrerinnen sogar die Kleinsten prima hinbekamen), einem Schnupperkurs in Kalligraphie oder einer Kamishibai-Werkstatt, in der für ein Papiertheater gebastelt wurde. Wer bei den Vorträgen über die Hintergründe des Mädchenfestes und japanische Kimonos Lust bekommen hatte, konnte sich immerhin schon einmal darin üben, einen Yukata anzulegen - sozusagen „Kimono-light“ und manchmal durchaus auch knifflig!
|
Kämpfen und Spenden für Japan |
Auf gelungene Weise hielt auch eine Märchenerzählerin diese Tradition lebendig und zeigte, dass hinter vielen Märchen, die einen zuerst zum Schmunzeln oder Lachen bringen, doch oft ein Kern steckt, über den es sich einmal länger nachzudenken lohnt. Und natürlich dürfen in einem Gebäude, das so gut hallt, die Taiko-Trommler nicht fehlen. Wen das Reise-Fieber gepackt haben sollte, der erhielt am Stand des japanischen Generalkonsulats umfassendes Material für einen Japan-Besuch.
|
Lesefutter und leckere japanische Süssigkeiten |
In gelungenem Kontrast dazu stand das moderne Japan: Mit dem Film „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ wurde ein Anime gezeigt, das auf mitreißende Weise große Gefühle und herausragende Ästhetik verband. Und wer sich an Computerspielen austoben wollte, hatte auch dazu Gelegenheit, wenngleich viele andere Programmpunkte lockten, die sich nicht nach Hause holen lassen und sich nur vor Ort erleben ließen, allen voran der Cosplay-Wettbewerb, der für viele Besucher/innen wohl die Hauptattraktion des Tages gewesen sein dürfte, konnten die Gewinner doch eine Reise zum größten deutschen Cosplay-Wettbewerb nach Leipzig ergattern.
|
Origami und Kamishibai |
Erfreulicherweise stand auch ein J-Pop-Konzert auf dem Programm und eine Aufführung eines Jungs-Cheerleaderteams aus Tokio gab Gelegenheit zur interkulturellen Begegnung und vielleicht auch dem Anknüpfen neuer Freundschaftsbande. Heiß begehrt und bewährt waren auch in diesem Jahr wieder die Plätze für den Manga-workshop, die allerdings im voraus über das Internet vergeben wurden.
|
Cosplayer stellen sich ihren Fans |
Beachtlich, dass selbst Besuchern, die bereits zur Eröffnung um 11 Uhr gekommen waren, es zu keiner Zeit langweilig geworden sein dürfte, so einladend und abwechslungsreich war das Programm. Schade lediglich, dass es keinen vernünftigen Platz gab, an dem die Besucher die leckeren angeboten Speisen hätten verzehren können, obwohl es genügend Raum gegeben hätte, hier eine gute Lösung zu finden. Aber vielleicht im kommenden Jahr...
|
4. Reinbeker Kampfkunstforum |
Das
4. Reinbeker Kampfkunstforum bot mit den Schwerpunkten Aikido, Iaido, Judo, Ju-Jutsu, Karate, Kung Fu und Tai Chi ebenfalls viele faszinierende Höhepunkte für Kampfkunst-Fans. Zunächst erklärten Kurz-Präsentationen die Eigenheiten der jeweiligen Disziplin und die Besucher hatten im Anschluss daran unmittelbar Gelegenheit, die vorgestellten Kampfkünste im Rahmen eines kostenlosen Probetraining selbst auszuprobieren.
Nach dem Schnuppertraining konnte das Publikum im Rahmen ausführlicher Vorführungen erleben, was in den unterschiedlichen Disziplinen langfristig erreicht werden kann, erfuhren aber auch viel über die möglichen Anwendungen und Hintergründe der einzelnen Sparten. Dabei hatten die Reinbeker auch viel Spektakuläres zu bieten: Bei spannenden, mitunter „filmreifen“, action-geladenen Vorführungen zu aufpeitschender Musik erlebten die Besucher die Kampfkünste auf beeindruckendem Niveau, nicht zuletzt dank der mitunter sehr hoch graduierten Trainer des Vereins. Dabei wurde eine erstaunliche Bandbreite deutlich: Von meditativen Elementen mancher Kampfkünste bis hin zur Verteidigung gegen bewaffnete Angreifer auf der Straße.
|
Iaido-Schnuppertraining |
Die Abteilung der Iaidoka um Harald Jess, erkennbar an ihren traditionellen japanischen Schwertern, sorgte dabei für „Samurai-Feeling“: Bei dieser stark ritualisierten Disziplin, die dem Zen-Buddhismus nahe steht, geht es um die Einheit von Mensch, Schwert und Kampf-Bewegung und die Gruppe konnte auf faszinierende Weise nachvollziehbar machen, wie sich aus dem „Trockentraining“ der Samurai die heutige Kampfkunst entwickelte. Doch Vorsicht: Das erste Training beginnt aus Sicherheitsgründen zunächst einmal mit einem Schwert aus Holz... Ein weiterer, vom Publikum offenbar lang ersehnter Höhepunkt war die fachgerechte Zerlegung von mehreren Betonplatten allein mit der Kraft eines Handkanten-Schlags. Die nervöse Spannung in der Luft war im gesamten Saal spürbar und kaum auszuhalten - live immer wieder ein besonderes Erlebnis.
Doch bei all diesen spektakulären Leistungen sollte nicht vergessen werden, dass das Reinbeker Kampfkunstforum in diesem Jahr unter einem besonders verdienstvollen Motto stand: Die Veranstaltung war Teil eines landesweiten Projektes, bei dem mit Hilfe der Kampfkünste Familiensport neu belebt werden sollte. Denn wie die Vorführenden überzeugend bewiesen: Die gezeigten Kampfkünste lassen sich sowohl von den Jüngsten als auch noch in sehr fortgeschrittenem Alter betreiben - also eine sehr gute Möglichkeit für mehrere Generationen einer Familie die Freude an diesen Sportarten zu teilen.
Homepage:
http://www.tsv-reinbek.de/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen