Japan in Hamburg: Dieser Blog gibt nach und nach einen kompakten Überblick über das japanische Leben in Hamburg. Alles Wissenswerte, Sehenswerte und aktuelle Veranstaltungs-Hinweise zum Thema Japan in und um Hamburg.
Mittwoch, 22. April 2015
Kirschblütenfeuerwerk!
Alle Japanfans zählen schon sehnsüchtig die Tage und möchten bitte nicht aufhören, die Daumen zu drücken, damit das Wetter mitspielt:
Am 22. Mai gegen 22.30 Uhr ist es wieder so weit, dank dem Nihonjinkai, dem japanischen Verein Hamburg, wird es wieder ein opulentes Feuerwerk über der Außenalster zu sehen geben.
Die Aufrechterhaltung dieser Tradition ist umso bemerkenswerter als in den vergangenen zwei Jahren das deutsch-japanische Kulturleben auf traurigste Art zurückgegangen, fast schon implodiert ist, denn viele Institutionen, die früher selbstverständlich mehrmals im Jahr Events anboten, haben sich völlig oder größtenteils zurückgezogen - angefangen vom Museum für Kunst und Gewerbe, das die Anzahl der Teezeremonien halbiert, die Zahl der japanbezogenen Themenausstellungen fast auf Null reduziert hat und sonst gar keine Veranstaltungen mehr anbietet, bis hin zu anderen Institutionen, die aus deutschen oder japanischen Steuergeldern finanziert werden und nunmehr im gesamten Jahr so viele Veranstaltungen anbieten wie früher in einem Monat. Dass es auch anders geht beweist vor unser aller Langnasen die China-Time...
Freuen wir uns also umso mehr, dass es das Feuerwerk noch gibt. Lasst es euch also gut gehen und bringt alle eure Freunde mit!
CU!
Freitag, 17. April 2015
Zeitgenössische Kunst aus Japan in Berlin
Tja, vergangenes Jahr um diese Zeit gaben Künstlerhaus Sootbörn und die Japanfreunde Hamburg noch die Gelegenheit, in einer großen Überblicksausstellung zeitgenössische Kunst aus unserer Partnerstadt Osaka kennen zu lernen. Wer derzeit jedoch aktuelle Kunst aus Japan im großen Rahmen sehen möchte, muss schon nach Berlin fahren. Dafür gibt es für einmal Hin- und Rückfahrt gleich zwei spannende Ausstellungen zu sehen, die wir kurz vorstellen möchten:
Heute um 19.00 Uhr eröffnet in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst die Ausstellung
Verbotene Bilder
Kontrolle und Zensur in den Demokratien Ostasiens
und ist vom 18. April bis 14. Juni 2015 zu sehen.
Dabei sind: Chieh-jen CHEN, Ching-Yao CHEN, Sung-dam HONG, Katsuhisa NAKAGAKI, Sunmu, Taeko TOMIYAMA
Eröffnungsperformance:
Untragbare Bilder
In letzter Minute weigerte sich die beauftragte südkoreanische Kunstspedition, die Werke von Sung-dam HONG und Sunmu nach Deutschland zu transportieren. Diesen Akt des vorauseilenden Gehorsams werden die beiden südkoreanischen Künstler zur Ausstellungseröffnung in einer performativen Präsentation darstellen.
Kunst aus Japan, Südkorea und Taiwan:
International wird nur bedingt wahrgenommen, dass in allen drei Ländern keine Demokratie im westeuropäischen Sinne herrscht und Meinungsfreiheit von staatlicher Seite nicht als selbstverständlich akzeptiert wird. In Japan ist dies bedingt durch die Nachwehen des Kalten Krieges und die nicht aufgearbeitete imperiale Vergangenheit, in Südkorea und Taiwan durch den ideologisch gesicherten Gegensatz zu Nordkorea und zur Volksrepublik China.
Die Ausstellung Verbotene Bilder möchte einen Beitrag leisten, diese Bilder zu differenzieren und die künstlerische und kunsthistorische Wahrnehmung aus westlicher Perspektive zu relativieren. Eingeladen sind jeweils zwei Künstler_innen aus Japan, Korea und Taiwan, die sich kritisch mit der Politik und den Tabus ihrer Länder befassen, sich für Meinungsfreiheit und Menschenrechte sowie die Aufarbeitung neuralgischer Themen der Vergangenheit einsetzen und die sozialen und politischen Konsequenzen ihrer Arbeit nicht scheuen.
Neue Gesellschaft für bildende Kunst
Oranienstr. 25
10999 Berlin
Tägl. 12-19 Uhr; Do-Sa bis 20 Uhr
Weitere Informationen: ngbk.de
Und dann ist da noch Koki Tanaka:
Die Deutsche Bank ehrt den japanischen Künstler Koki Tanaka als ‚Künstler des Jahres‘ 2015. Koki Tanaka steht für eine neue Künstlergeneration, die gesellschaftliche und ästhetische Anliegen miteinander verbindet. Der 1975 in Tochigi, Japan, geborene Künster, lebt und arbeitet in Los Angeles. 2013 gestaltete er den Japanischen Pavillon auf der 55. Biennale in Venedig.
Koki Tanaka wird 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle seine erste umfassende Einzelausstellung in Europa zeigen.
Was gibt es zu sehen?
Der japanische Künstler Koki Tanaka bezieht sich auf die Geschichte des „Kunst-Aktivismus“ und bezeichnet seine Arbeit als eine sanfte, aber nachhaltige Annäherung an diese Bewegung. „A Vulnerable Narrator“, seine Ausstellung als „Künstler des Jahres“ 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle, gleicht einer Werkstatt, die Projekte, Ideen und Dokumente aus fast einem Jahrzehnt miteinander verknüpft. Sie dokumentiert den Weg von Tanakas frühen Experimenten mit Massenprodukten und Materialien bis zu seinen späteren Gemeinschaftsaktionen und Performances. Tanakas Videos wie „Everything Is Everything“ (2006) oder „Walking Through“ (2009) erinnern an Versuchsreihen, in denen er Billigwaren aus Haushaltswarenläden und Baumärkten verschiedenen Tests unterwirft. Die Gegenstände, die er zweckentfremdet oder miteinander kombiniert, gleichen improvisierten, minimalistischen Skulpturen. Doch vor allem interessiert Tanaka die Frage, mit welcher Sensibilität und Offenheit wir vertraute, alltägliche Dinge wahrnehmen und wie wir eine neue Beziehung zu ihnen entwickeln können. Diese Fragestellung erweitert er 2010 mit der Performance „A Haircut by 9 Hairdressers at Once“ auf zwischenmenschliche Beziehungen und Aktionen: Neun Friseure sollen gemeinsam einer Kundin ihre Wunschfrisur schneiden – ein fast aussichtsloses Unterfangen, das zugleich aber auch an den von Joseph Beuys geprägten Begriff der „Sozialen Skulptur“ denken lässt.
„Precarious Tasks“ nennt Tanaka seine Gemeinschaftsaktionen, mit denen er ab 2012 beginnt: Die Teilnehmer erhalten poetisch anmutende Anweisungen, als Gruppe ganz einfache Handlungen auszuführen. Damit untersucht Tanaka weiter die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gemeinsamen Handelns. Als 2011 die Atomkatastrophe von Fukushima die Welt erschüttert, bekommt das Alltägliche unweigerlich eine politische Dimension. Die Anweisung, mitgebrachte Teebeutel in einer Kanne aufzubrühen und dann gemeinsam zu trinken, die Tanaka ein Jahr später für „ Communal tea drinking“ stellt, gleicht einer Vertrauensfrage: Ein großer Teil der japanischen Teeernte aus den Anbaugebieten 200 km südwestlich von Fukushima ist seit 2011 radioaktiv kontaminiert.
Der 1975 in Tochigi, Japan, geborene Künstler bezieht sich in seinen Aktionen häufig auf die gesellschaftliche Situation in seinem Heimatland. Doch stets reagiert er auf den Ort, an dem die Aktion stattfindet. So auch in London, wo er mit einer Gruppe die Wegstrecken noch einmal nachläuft, die Bewohner während der Unruhen 2011 durch die brennenden Vororte nehmen mussten, um nach Hause zu gelangen. Ganz egal, ob er die Teilnehmer auffordert, im Dunklen ihre Taschenlampen zu schwenken oder gemeinsam 24 Stunden in einer Galerie zu verbringen – immer haben die Aufgaben auch eine allgemeine Bedeutung: Tanaka stellt die Frage, wie wir uns im Ausnahmezustand verhalten, was wir tun, wenn die Lage „prekär“ wird, technische und soziale Systeme versagen und wir zusammen mit anderen etwas lösen müssen. Genau darin liegt auch das utopische Potenzial dieser Aufgaben – alternative, sozialere Formen von Gemeinschaft nicht nur zu erträumen, sondern auch erfahren zu können.
Deutsche Bank KunstHalle
Unter den Linden 13-15
10117 Berlin
http://www.deutsche-bank-kunsthalle.de/kunsthalle/de/aktuelle_ausstellung.html
Heute um 19.00 Uhr eröffnet in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst die Ausstellung
Verbotene Bilder
Kontrolle und Zensur in den Demokratien Ostasiens
und ist vom 18. April bis 14. Juni 2015 zu sehen.
Dabei sind: Chieh-jen CHEN, Ching-Yao CHEN, Sung-dam HONG, Katsuhisa NAKAGAKI, Sunmu, Taeko TOMIYAMA
Eröffnungsperformance:
Untragbare Bilder
In letzter Minute weigerte sich die beauftragte südkoreanische Kunstspedition, die Werke von Sung-dam HONG und Sunmu nach Deutschland zu transportieren. Diesen Akt des vorauseilenden Gehorsams werden die beiden südkoreanischen Künstler zur Ausstellungseröffnung in einer performativen Präsentation darstellen.
Kunst aus Japan, Südkorea und Taiwan:
International wird nur bedingt wahrgenommen, dass in allen drei Ländern keine Demokratie im westeuropäischen Sinne herrscht und Meinungsfreiheit von staatlicher Seite nicht als selbstverständlich akzeptiert wird. In Japan ist dies bedingt durch die Nachwehen des Kalten Krieges und die nicht aufgearbeitete imperiale Vergangenheit, in Südkorea und Taiwan durch den ideologisch gesicherten Gegensatz zu Nordkorea und zur Volksrepublik China.
Die Ausstellung Verbotene Bilder möchte einen Beitrag leisten, diese Bilder zu differenzieren und die künstlerische und kunsthistorische Wahrnehmung aus westlicher Perspektive zu relativieren. Eingeladen sind jeweils zwei Künstler_innen aus Japan, Korea und Taiwan, die sich kritisch mit der Politik und den Tabus ihrer Länder befassen, sich für Meinungsfreiheit und Menschenrechte sowie die Aufarbeitung neuralgischer Themen der Vergangenheit einsetzen und die sozialen und politischen Konsequenzen ihrer Arbeit nicht scheuen.
Neue Gesellschaft für bildende Kunst
Oranienstr. 25
10999 Berlin
Tägl. 12-19 Uhr; Do-Sa bis 20 Uhr
Weitere Informationen: ngbk.de
Und dann ist da noch Koki Tanaka:
Someone’s Junk is Someone Else’s Treasure January 9, 2011 |
Koki Tanaka wird 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle seine erste umfassende Einzelausstellung in Europa zeigen.
Was gibt es zu sehen?
Der japanische Künstler Koki Tanaka bezieht sich auf die Geschichte des „Kunst-Aktivismus“ und bezeichnet seine Arbeit als eine sanfte, aber nachhaltige Annäherung an diese Bewegung. „A Vulnerable Narrator“, seine Ausstellung als „Künstler des Jahres“ 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle, gleicht einer Werkstatt, die Projekte, Ideen und Dokumente aus fast einem Jahrzehnt miteinander verknüpft. Sie dokumentiert den Weg von Tanakas frühen Experimenten mit Massenprodukten und Materialien bis zu seinen späteren Gemeinschaftsaktionen und Performances. Tanakas Videos wie „Everything Is Everything“ (2006) oder „Walking Through“ (2009) erinnern an Versuchsreihen, in denen er Billigwaren aus Haushaltswarenläden und Baumärkten verschiedenen Tests unterwirft. Die Gegenstände, die er zweckentfremdet oder miteinander kombiniert, gleichen improvisierten, minimalistischen Skulpturen. Doch vor allem interessiert Tanaka die Frage, mit welcher Sensibilität und Offenheit wir vertraute, alltägliche Dinge wahrnehmen und wie wir eine neue Beziehung zu ihnen entwickeln können. Diese Fragestellung erweitert er 2010 mit der Performance „A Haircut by 9 Hairdressers at Once“ auf zwischenmenschliche Beziehungen und Aktionen: Neun Friseure sollen gemeinsam einer Kundin ihre Wunschfrisur schneiden – ein fast aussichtsloses Unterfangen, das zugleich aber auch an den von Joseph Beuys geprägten Begriff der „Sozialen Skulptur“ denken lässt.
„Precarious Tasks“ nennt Tanaka seine Gemeinschaftsaktionen, mit denen er ab 2012 beginnt: Die Teilnehmer erhalten poetisch anmutende Anweisungen, als Gruppe ganz einfache Handlungen auszuführen. Damit untersucht Tanaka weiter die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gemeinsamen Handelns. Als 2011 die Atomkatastrophe von Fukushima die Welt erschüttert, bekommt das Alltägliche unweigerlich eine politische Dimension. Die Anweisung, mitgebrachte Teebeutel in einer Kanne aufzubrühen und dann gemeinsam zu trinken, die Tanaka ein Jahr später für „ Communal tea drinking“ stellt, gleicht einer Vertrauensfrage: Ein großer Teil der japanischen Teeernte aus den Anbaugebieten 200 km südwestlich von Fukushima ist seit 2011 radioaktiv kontaminiert.
Der 1975 in Tochigi, Japan, geborene Künstler bezieht sich in seinen Aktionen häufig auf die gesellschaftliche Situation in seinem Heimatland. Doch stets reagiert er auf den Ort, an dem die Aktion stattfindet. So auch in London, wo er mit einer Gruppe die Wegstrecken noch einmal nachläuft, die Bewohner während der Unruhen 2011 durch die brennenden Vororte nehmen mussten, um nach Hause zu gelangen. Ganz egal, ob er die Teilnehmer auffordert, im Dunklen ihre Taschenlampen zu schwenken oder gemeinsam 24 Stunden in einer Galerie zu verbringen – immer haben die Aufgaben auch eine allgemeine Bedeutung: Tanaka stellt die Frage, wie wir uns im Ausnahmezustand verhalten, was wir tun, wenn die Lage „prekär“ wird, technische und soziale Systeme versagen und wir zusammen mit anderen etwas lösen müssen. Genau darin liegt auch das utopische Potenzial dieser Aufgaben – alternative, sozialere Formen von Gemeinschaft nicht nur zu erträumen, sondern auch erfahren zu können.
Deutsche Bank KunstHalle
Unter den Linden 13-15
10117 Berlin
http://www.deutsche-bank-kunsthalle.de/kunsthalle/de/aktuelle_ausstellung.html
Donnerstag, 16. April 2015
"Aus dem Zen-Geist": Kalligraphie Workshop mit Kazuaki Tanahashi
Schriftkunst ist zugleich Achtsamkeitsübung, Selbsterfahrung, Entspannungstechnik, Meditation und vieles mehr.
Der Kurs über Pfingsten im Kulturhaus Eppendorf vermittelt Grundfertigkeiten der Kalligraphiekunst und vertiefendes Wissen. Schriftzeichen alter und berühmter Meisterwerke werden kopiert, und die Arbeiten werden interpretiert.
Meister Tanahashi wurde in Japan geboren und ausgebildet und lehrt seit 1977 in USA. Außerdem ist er Buchautor, Dichter, Friedensaktivist und einer der bedeutendsten Übersetzer des japanischen Philosophen Dogen Zenji. Kaz ist bekannt für seine entspannte Leichtigkeit und dynamische Präsenz, die durch seinen Ausspruch "Lächle den Pinsel an" sehr gut zum Ausdruck kommt.
Unterrichtszeiten: Freitag 14:00 - 19:00, Samstag + Sonntag 10:00 - 18:00,
Montag 10:00 - 14:00
Anmeldung und Info: Petra Hinterthür, Tel: 040 / 85 65 64, qigong@petra-hinterthuer.de, www.petra-hinterthuer.de
Kursgebühr: € 300,-
Veranstalter: http://www.kulturhaus-eppendorf.de
Freitag, 10. April 2015
Buch-Empfehlung „Nipponspiration“
Heute möchten wir ein Buch vorstellen, das sich eigentlich als Fachbuch an Japanologen richtet, aber aufgrund seines Themas und seiner sehr guten Verständlichkeit auch allen Nichtfachleuten, die sich für das Thema interessieren, guten Gewissens empfohlen werden kann.
Es geht in dem von Michiko Mae und Elisabeth Scherer herausgegebenen Band um „Japonismus und japanische Popularkultur im deutschsprachigen Raum“ und zwar in seiner ganzen Breite:
Das Buch zeigt auf, welchen Einfluss die japanische Kultur seit den 1870er Jahren auf unsere hiesige Mode, Malerei, Architektur, Oper und Operette, später dann auch auf Film, Fernsehen, Comics und Konsumkultur hatte. Wer Japanfan ist, der ist sicherlich auch ein Stück weit „Japonist“, auf welche Weise auch immer - hat bestimmt japanische Manga oder Filme zuhause, isst öfter Japanisch, lernt eventuell sogar Japanisch, hört J-Pop oder J-Rock, übt einen Kampfsport aus der japanischen Welt der Kampfkünste aus, ruht auf Tatami... oder trägt sogar Zehensocken! Oder geht zum Baseball, wie die meisten Japaner - und da sind wir auch schon bei den interkulturellen Verstrickungen, mit denen sich der Band souverän auseinandersetzt.
Der Band zeigt zum einen auf, wie alles begann - was für uns Hamburger besonders spannend ist, denn die Leser erfahren, dass es der gebürtige Hamburger und spätere Wahlfranzose Samuel Bing war, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Kunsthändler den ersten Japan-Boom in Europa begründete.
Wer sich mit Kunst und Architektur auskennt, wird bestätigen können, dass die Untersuchungen zum Einfluss japanischer Künstler auf die Künstler des Blauen Reiter und andere Künstler dieser und späterer Zeit sehr feinfühlig und genau sind: Der Einfluss der japanischen Kunst wird nicht übertrieben und auch nicht zu verallgemeinernd dargestellt und wir erfahren viele interessante Einzelheiten über produktive Aneignung, produktives Missverstehen auf deutscher Seite, aber auch über den „Re-Import“ westlicher Kunstideen über die japanischen Einflüsse.
Andere Themen, wie etwa der Einfluss der japanischen Architektur auf Walter Gropius, werden im Vergleich zu älteren Veröffentlichungen vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse (sanft) korrigiert: Ja, Gropius erkannte in der japanischen Architektur vor allem seine eigenen Ideen wieder, fühlte sich bestätigt, konnte damit seinen eigenen Ansatz aufwerten und beschäftigte sich richtig intensiv mit japanischer Architektur erst, als er schon ein „Star“ unter den Architekten war.
Doch über all diese wichtigen und aufschlussreichen historischen Entwicklungsstränge kommt die Gegenwart nicht zu kurz. Und hierin liegt das besondere Verdienst des Bandes, der zwar bereits 2013 erschien (offiziell am ersten Februar 2014), aber noch als aktuell gelten kann. Locker und gänzlich unverkrampft wie auch unverkopft werden die Regisseurin Doris Dörrie und die Mangaka Christina Plaka zu ihrer Arbeit befragt - und beide liefern höchst interessante Antworten, geben dabei spannende Einblicke in ihre Arbeit und die Leser erhalten erhellende „insider“-Informationen, die gerade für Interessierte mit Vorkenntnissen im Bereich Film oder Manga besonders hilfreich sind, um ein „ganzheitliches“ Verständnis dieser beiden kreativen Metiers zu erhalten.
Wer sich für Manga und Anime interessiert, kommt dabei besonders auf seine Kosten: Der Band liefert eine kurze wie übersichtliche Rezeptionsgeschichte der beiden Gattungen in Deutschland mit all ihren Ecken und Kanten. Vielleicht ein Stück Selbsterkenntnis für Japonisten liefern die Beiträge über die „imaginäre Heimat“ Japan - von Japan als „Projektionsfläche“ eigener emotionaler Befindlichkeiten und Sehnsüchte bis hin zur Konfrontation zwischen dem „Japan in mir“ mit dem japanischen Alltag vor Ort. Ich vermute mal, dass sich viele Japanfans hinsichtlich ihrer Gefühle und Erfahrungen in diesen Untersuchungen wiedererkennen werden - zumindest ein Stück weit.
Hinsichtlich populärkultureller Phänomene ist es besonders aufschlußreich auch einmal zum Beispiel anhand der Lolita-Mode nachzuverfolgen, wie sich ein ursprünglich japanisches Subkultur-Phänomen von Japan ablöst und was später an ganz anderen Orten auf der Welt unabhängig von seinem Ursprungsland daraus wird. Wer sein Augenmerk mehr auf interkulturelle Phänomene im Zusammenhang mit globaler Wirtschaft, Marketing, Branding und dergleichen legt, wird sicherlich profitieren vom Beitrag über die globale Vermarktung von „Hello Kitty“, sprich: wie das international funktionieren kann und woran das wohl liegt.
Für Filmfans werden ein paar wichtige Produktionen besprochen, die sich entweder mit Japan beschäftigen oder unter japanischem kreativem Einfluss stehen - auch hier schlägt der Band wieder gelungen die Brücke von der Historie zur Gegenwart. Schade nur, dass manche der genannten Filme leider das VHS-Kassetten-Zeitalter nicht überstanden haben und heute nicht (mehr) auf DVD verfügbar sind, obwohl es sich um Hammer-Filme handelt. Aber vielleicht wird das ja noch...
Letztlich besonders bewegt hat mich die Lebensgeschichte von Christina Plaka, die von Kindesbeinen an für das Zeichnen gelebt hat, schon früh als eine der wenigen deutschsprachigen Mangaka veröffentlichte, dann trotz der Katastrophe von Fukushima ihr Manga-Studium in Kyoto abschloss und im Heimatland der Manga dank der Unterstützung ihrer japanischen Professoren zu ihrem ganz eigenen Stil fand. Eine entbehrungsreiche, beeindruckende Biographie wie auch spannende künstlerische Entwicklung... bedauerlicherweise ohne happy end, denn am Ende des Interviews sah sie 2013 keine Möglichkeit, das Zeichnen mit einem leider notwendigen Brotberuf verbinden zu können. Das ist mehr als schade, zeigt aber auch, dass die Japonisten in Deutschland dringend mehr werden müssen, damit unsere kreativen Köpfe auch von ihrer Arbeit leben können...
Alles in allem ein Buch, das für deutschsprachige Japanfreunde einfach gefehlt hat, denn in gewisser Weise ist es das „Familienalbum“ der Japan-Freaks in Deutschland. Es verdeutlicht zwischen zwei Buchdeckeln fast die ganze Bandbreite der Szene - von Liebhabern ganz klassischer japanischer „Hochkultur“ und deren Anverwandlung japanischer Kultur bis hin zu Vertretern der Cosplay-Community, die am liebsten J-Pop hören und feste Japanisch lernen. Eine Vielfalt, die beeindruckt, in ihrem Abwechslungsreichtum mächtig Spaß macht und Hoffnung für die Zukunft schenkt in Zeiten rückläufiger Kultur-Etats, finanziellem Kahlschlag im Bildungswesen etc. Schaut also bei Gelegenheit unbedingt mal in das Buch rein!
Mae, Michiko / Scherer, Elisabeth (Hg.) (2013): Nipponspiration. Japonismus und japanische Populärkultur im deutschsprachigen Raum. Köln, Weimar, Wien.
Sonntag, 5. April 2015
Midori-Konzert
Die Hamburger Philharmoniker unter der Leitung von Jun Märkl geben zusammen mit der Violinistin Midori am Sonntag, den 19. April um 11 Uhr und nochmals am Montag, den 20. April um 20 Uhr in der Laeiszhalle ein Konzert mit Werken von Bach, Berg und Brahms.
Karten von 10-48 Euro und weitere Informationen unter www.philharmoniker-hamburg.de.
Freitag, 3. April 2015
Totschweigen und Aussitzen? Der traurige Spendenskandal der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Hamburg
Worum geht es? Ende Februar berichtete der Norddeutsche Rundfunk in Print und Film:
"Die renommierte Deutsch-Japanische-Gesellschaft Hamburg (DJG) hat nach Recherchen den NDR "Hamburg Journals" Spendengelder in Höhe von mehr als 250.000 Euro nicht zweckgemäß eingesetzt. Nach der verheerenden Reaktor- und Naturkatastrophe 2011 rund um die japanische Stadt Fukushima hatte die DJG Hamburg offensiv um Spenden für von der Katastrophe betroffene Kinder geworben. Bei mehreren Benefizveranstaltungen - darunter in der Handelskammer Hamburg, unter Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz - warb die Präsidentin der DJG Hamburg, Eiko Hashimaru-Shigemitsu, dafür, Waisenkinder in der Region Sendai (ca eine Autostunde vom Unglücksort entfernt) mit den Spenden aus Hamburg zu unterstützen. Aus den Dokumenten, die dem "Hamburg Journal" im NDR Fernsehen exklusiv vorliegen, geht hingegen eindeutig hervor, dass die Öffentlichkeit und die Mitglieder der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft jahrelang im Unklaren gelassen worden sind, wohin die Gelder flossen. Die NDR-Recherchen belegen: Ein Großteil der eingenommenen Spendengelder (ca. 230.000 Euro) sind in einen Deutsch-Japanischen Unterstützerfonds geflossen, über den zum überwiegenden Teil Stipendien japanischer Jurastudenten finanziert wurden. Ein weiterer, kleinerer Betrag (ca. 20.000 Euro)der Spendengelder für Hilfsprojekte, liegt immer noch ungenutzt in Hamburg. Die DJG Hamburg bestätigte gegenüber dem Hamburg Journal diese Verwendung der Spendengelder. Allerdings sehe man darin kein Problem, die Spenden seien korrekt eingesetzt worden."
Quelle: https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Deutsch-Japanische-Gesellschaft-Hamburg-verschleiert-Verwendung-von-Spendengeldern-,pressemeldunghh1312.html
Der Fernsehbericht ist nochmals hier nachzuverfolgen: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Spendenskandal-bei-der-Deutsch-Japanischen-Gesellschaft,hamj39262.html
Viele Japanfreunde sind von diesem Spendenskandal insofern doppelt betroffen, als nicht nur ein Teil der Gründungsmitglieder unserer community ehemalige Mitglieder der DJG sind, sondern auch nach wie vor noch einige Doppelmitgliedschaften bestehen. Während die Mehrzahl der Japanfreunde seinerzeit sich in das Kondolenzbuch des (damals noch) Generalkonsulats am Rathausmarkt eintrug und direkt vor Ort im Konsulat spendete, entschlossen sich hingegen viele Doppelmitglieder lieber der DJG zu spenden, da sie als Mitglieder der DJG vertrauten.
Im Zuge der Berichterstattung in den Medien forderten verschiedene Mitglieder der DJG sicherlich zu Recht eine kurzfristige Einberufung einer Mitgliederversammlung einschließlich entsprechender Rechenschaftsberichte des Vorstands. Doch selbst sechs Wochen nach Bekanntwerden des Skandals ist in dieser Hinsicht nichts geschehen. Auf der web site der DJG finden sich keinerlei aktuelle Informationen und die einzige Stellungnahme bislang stammt offenbar von Vorstandsmitglied Dr. Jan Grotheer - gleichzeitig Präsident der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung - der dem NDR gegenüber kurzum erklärte, die Gelder seien korrekt verwendet worden.
Selbst wenn dies formaljuristisch richtig sein sollte, bleibt die Frage, wie die Spender damit umgehen, dass ihnen zuvor eine ganz andere Verwendung der Gelder versprochen wurde und ein Teil der Gelder auch vier Jahre nach dem Unglück noch nicht bei den Betroffenen angekommen ist, sondern in Hamburg bei der DJG verblieben sind.
Weitere offene Fragen bleiben: Wer möchte dem aktuellen Vorstand innerhalb wie außerhalb des Vereins weiter vertrauen? Sollte es einen neuen Vorstand geben, wer wäre bereit, einer Gesellschaft mit einer solchen Vergangenheit vorzustehen? Wer möchte noch weiterhin mit der DJG Umgang pflegen oder gar kooperieren? Warum wurden die Gelder auf gerade diese Weise zweckentfremdet? Rechnerisch gesehen ist etwas mehr als jedes zehnte DJG-Mitglied gleichzeitig Mitglied des Vorstands - wer wusste wieviel und wie konnte es sein, dass über so viele Jahre hinweg die Verwendung der Spendengelder verschleiert wurde? Worin könnte die Zukunftsperspektive dieser Institution bestehen, die vor mehr als fünfzig Jahren auf Betreiben von Wirtschaft und Politik ins Leben gerufen wurde?
Mitglieder der DJG klagen bereits seit gut einem Jahrzehnt über die Abgehobenheit, Passivität und Intransparenz des Vorstands der Gesellschaft. Eine Antwort, die sich derzeit auf jeden Fall bereits geben lässt, ist, dass sich die Japaninteressierten der Metropolregion Hamburg zunehmend alternativ organisieren. Neben den seit 2011 bestehenden Japanfreunden und dem bereits sehr traditionsreichen Stadtteildialog Ottensen/Hamburg – Mukojima/Tokyo – Hirano/Osaka (www.stadtteildialog-japan.de), der über die Jahre Vorbildliches geleistet hat, sind derzeit weitere Initiativen - meist lokaler Art - im Entstehen, als jüngstes Beispiel wäre hier das Deutsch-Japanische Forum Elbe (http://www.djfe.de) zu nennen.
Bleibt zu hoffen, dass dank dieser neuen Initiativen das deutsch-japanische Leben in Hamburg wieder intensiver und abwechslungsreicher wird und dass Politik (konkret: das Japanische Konsulat in Hamburg, das wieder ein Generalkonsulat werden soll) und Wirtschaft bzw. deren Vertretungen (u.a. die Handelskammer) nicht aus falsch verstandenem und ohnehin aussichtslosem Konservativismus diesen neuen Organisationen die Unterstützung in der lokalen Kulturarbeit versagen.
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