Freitag, 3. April 2015

Totschweigen und Aussitzen? Der traurige Spendenskandal der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Hamburg


Worum geht es? Ende Februar berichtete der Norddeutsche Rundfunk in Print und Film:

"Die renommierte Deutsch-Japanische-Gesellschaft Hamburg (DJG) hat nach Recherchen den NDR "Hamburg Journals" Spendengelder in Höhe von mehr als 250.000 Euro nicht zweckgemäß eingesetzt. Nach der verheerenden Reaktor- und Naturkatastrophe 2011 rund um die japanische Stadt Fukushima hatte die DJG Hamburg offensiv um Spenden für von der Katastrophe betroffene Kinder geworben. Bei mehreren Benefizveranstaltungen - darunter in der Handelskammer Hamburg, unter Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz - warb die Präsidentin der DJG Hamburg, Eiko Hashimaru-Shigemitsu, dafür, Waisenkinder in der Region Sendai (ca eine Autostunde vom Unglücksort entfernt) mit den Spenden aus Hamburg zu unterstützen. Aus den Dokumenten, die dem "Hamburg Journal" im NDR Fernsehen exklusiv vorliegen, geht hingegen eindeutig hervor, dass die Öffentlichkeit und die Mitglieder der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft jahrelang im Unklaren gelassen worden sind, wohin die Gelder flossen. Die NDR-Recherchen belegen: Ein Großteil der eingenommenen Spendengelder (ca. 230.000 Euro) sind in einen Deutsch-Japanischen Unterstützerfonds geflossen, über den zum überwiegenden Teil Stipendien japanischer Jurastudenten finanziert wurden. Ein weiterer, kleinerer Betrag (ca. 20.000 Euro)der Spendengelder für Hilfsprojekte, liegt immer noch ungenutzt in Hamburg. Die DJG Hamburg bestätigte gegenüber dem Hamburg Journal diese Verwendung der Spendengelder. Allerdings sehe man darin kein Problem, die Spenden seien korrekt eingesetzt worden."

Quelle: https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Deutsch-Japanische-Gesellschaft-Hamburg-verschleiert-Verwendung-von-Spendengeldern-,pressemeldunghh1312.html

Der Fernsehbericht ist nochmals hier nachzuverfolgen: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Spendenskandal-bei-der-Deutsch-Japanischen-Gesellschaft,hamj39262.html

Viele Japanfreunde sind von diesem Spendenskandal insofern doppelt betroffen, als nicht nur ein Teil der Gründungsmitglieder unserer community ehemalige Mitglieder der DJG sind, sondern auch nach wie vor noch einige Doppelmitgliedschaften bestehen. Während die Mehrzahl der Japanfreunde seinerzeit sich in das Kondolenzbuch des (damals noch) Generalkonsulats am Rathausmarkt eintrug und direkt vor Ort im Konsulat spendete, entschlossen sich hingegen viele Doppelmitglieder lieber der DJG zu spenden, da sie als Mitglieder der DJG vertrauten.

Im Zuge der Berichterstattung in den Medien forderten verschiedene Mitglieder der DJG sicherlich zu Recht eine kurzfristige Einberufung einer Mitgliederversammlung einschließlich entsprechender Rechenschaftsberichte des Vorstands. Doch selbst sechs Wochen nach Bekanntwerden des Skandals ist in dieser Hinsicht nichts geschehen. Auf der web site der DJG finden sich keinerlei aktuelle Informationen und die einzige Stellungnahme bislang stammt offenbar von Vorstandsmitglied Dr. Jan Grotheer - gleichzeitig Präsident der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung - der dem NDR gegenüber kurzum erklärte, die Gelder seien korrekt verwendet worden.

Selbst wenn dies formaljuristisch richtig sein sollte, bleibt die Frage, wie die Spender damit umgehen, dass ihnen zuvor eine ganz andere Verwendung der Gelder versprochen wurde und ein Teil der Gelder auch vier Jahre nach dem Unglück noch nicht bei den Betroffenen angekommen ist, sondern in Hamburg bei der DJG verblieben sind.

Weitere offene Fragen bleiben: Wer möchte dem aktuellen Vorstand innerhalb wie außerhalb des Vereins weiter vertrauen? Sollte es einen neuen Vorstand geben, wer wäre bereit, einer Gesellschaft mit einer solchen Vergangenheit vorzustehen? Wer möchte noch weiterhin mit der DJG Umgang pflegen oder gar kooperieren? Warum wurden die Gelder auf gerade diese Weise zweckentfremdet? Rechnerisch gesehen ist etwas mehr als jedes zehnte DJG-Mitglied gleichzeitig Mitglied des Vorstands - wer wusste wieviel und wie konnte es sein, dass über so viele Jahre hinweg die Verwendung der Spendengelder verschleiert wurde? Worin könnte die Zukunftsperspektive dieser Institution bestehen, die vor mehr als fünfzig Jahren auf Betreiben von Wirtschaft und Politik ins Leben gerufen wurde?

Mitglieder der DJG klagen bereits seit gut einem Jahrzehnt über die Abgehobenheit, Passivität und Intransparenz des Vorstands der Gesellschaft. Eine Antwort, die sich derzeit auf jeden Fall bereits geben lässt, ist, dass sich die Japaninteressierten der Metropolregion Hamburg zunehmend alternativ organisieren. Neben den seit 2011 bestehenden Japanfreunden und dem bereits sehr traditionsreichen Stadtteildialog Ottensen/Hamburg – Mukojima/Tokyo – Hirano/Osaka (www.stadtteildialog-japan.de), der über die Jahre Vorbildliches geleistet hat, sind derzeit weitere Initiativen - meist lokaler Art - im Entstehen, als jüngstes Beispiel wäre hier das Deutsch-Japanische Forum Elbe (http://www.djfe.de) zu nennen.

Bleibt zu hoffen, dass dank dieser neuen Initiativen das deutsch-japanische Leben in Hamburg wieder intensiver und abwechslungsreicher wird und dass Politik (konkret: das Japanische Konsulat in Hamburg, das wieder ein Generalkonsulat werden soll) und Wirtschaft bzw. deren Vertretungen (u.a. die Handelskammer) nicht aus falsch verstandenem und ohnehin aussichtslosem Konservativismus diesen neuen Organisationen die Unterstützung in der lokalen Kulturarbeit versagen.


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