Freitag, 17. April 2015

Zeitgenössische Kunst aus Japan in Berlin

Tja, vergangenes Jahr um diese Zeit gaben Künstlerhaus Sootbörn und die Japanfreunde Hamburg noch die Gelegenheit, in einer großen Überblicksausstellung zeitgenössische Kunst aus unserer Partnerstadt Osaka kennen zu lernen. Wer derzeit jedoch aktuelle Kunst aus Japan im großen Rahmen sehen möchte, muss schon nach Berlin fahren. Dafür gibt es für einmal Hin- und Rückfahrt gleich zwei spannende Ausstellungen zu sehen, die wir kurz vorstellen möchten:

Heute um 19.00 Uhr eröffnet in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst die Ausstellung


Verbotene Bilder
Kontrolle und Zensur in den Demokratien Ostasiens

und ist vom 18. April bis 14. Juni 2015 zu sehen.

Dabei sind: Chieh-jen CHEN, Ching-Yao CHEN, Sung-dam HONG, Katsuhisa NAKAGAKI, Sunmu, Taeko TOMIYAMA

Eröffnungsperformance:
Untragbare Bilder
In letzter Minute weigerte sich die beauftragte südkoreanische Kunstspedition, die Werke von Sung-dam HONG und Sunmu nach Deutschland zu transportieren. Diesen Akt des vorauseilenden Gehorsams werden die beiden südkoreanischen Künstler zur Ausstellungseröffnung in einer performativen Präsentation darstellen.

Kunst aus Japan, Südkorea und Taiwan:
International wird nur bedingt wahrgenommen, dass in allen drei Ländern keine Demokratie im westeuropäischen Sinne herrscht und Meinungsfreiheit von staatlicher Seite nicht als selbstverständlich akzeptiert wird. In Japan ist dies bedingt durch die Nachwehen des Kalten Krieges und die nicht aufgearbeitete imperiale Vergangenheit, in Südkorea und Taiwan durch den ideologisch gesicherten Gegensatz zu Nordkorea und zur Volksrepublik China.
Die Ausstellung Verbotene Bilder möchte einen Beitrag leisten, diese Bilder zu differenzieren und die künstlerische und kunsthistorische Wahrnehmung aus westlicher Perspektive zu relativieren. Eingeladen sind jeweils zwei Künstler_innen aus Japan, Korea und Taiwan, die sich kritisch mit der Politik und den Tabus ihrer Länder befassen, sich für Meinungsfreiheit und Menschenrechte sowie die Aufarbeitung neuralgischer Themen der Vergangenheit einsetzen und die sozialen und politischen Konsequenzen ihrer Arbeit nicht scheuen.

Neue Gesellschaft für bildende Kunst
Oranienstr. 25
10999 Berlin
Tägl. 12-19 Uhr; Do-Sa bis 20 Uhr
Weitere Informationen: ngbk.de

Und dann ist da noch Koki Tanaka:

Someone’s Junk is Someone Else’s Treasure January 9, 2011
Die Deutsche Bank ehrt den japanischen Künstler Koki Tanaka als ‚Künstler des Jahres‘ 2015. Koki Tanaka steht für eine neue Künstlergeneration, die gesellschaftliche und ästhetische Anliegen miteinander verbindet. Der 1975 in Tochigi, Japan, geborene Künster, lebt und arbeitet in Los Angeles. 2013 gestaltete er den Japanischen Pavillon auf der 55. Biennale in Venedig.

Koki Tanaka wird 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle seine erste umfassende Einzelausstellung in Europa zeigen.

Was gibt es zu sehen?

Der japanische Künstler Koki Tanaka bezieht sich auf die Geschichte des „Kunst-Aktivismus“ und bezeichnet seine Arbeit als eine sanfte, aber nachhaltige Annäherung an diese Bewegung. „A Vulnerable Narrator“, seine Ausstellung als „Künstler des Jahres“ 2015 in der Deutsche Bank KunstHalle, gleicht einer Werkstatt, die Projekte, Ideen und Dokumente aus fast einem Jahrzehnt miteinander verknüpft. Sie dokumentiert den Weg von Tanakas frühen Experimenten mit Massenprodukten und Materialien bis zu seinen späteren Gemeinschaftsaktionen und Performances. Tanakas Videos wie „Everything Is Everything“ (2006) oder „Walking Through“ (2009) erinnern an Versuchsreihen, in denen er Billigwaren aus Haushaltswarenläden und Baumärkten verschiedenen Tests unterwirft. Die Gegenstände, die er zweckentfremdet oder miteinander kombiniert, gleichen improvisierten, minimalistischen Skulpturen. Doch vor allem interessiert Tanaka die Frage, mit welcher Sensibilität und Offenheit wir vertraute, alltägliche Dinge wahrnehmen und wie wir eine neue Beziehung zu ihnen entwickeln können. Diese Fragestellung erweitert er 2010 mit der Performance „A Haircut by 9 Hairdressers at Once“ auf zwischenmenschliche Beziehungen und Aktionen: Neun Friseure sollen gemeinsam einer Kundin ihre Wunschfrisur schneiden – ein fast aussichtsloses Unterfangen, das zugleich aber auch an den von Joseph Beuys geprägten Begriff der „Sozialen Skulptur“ denken lässt.

„Precarious Tasks“ nennt Tanaka seine Gemeinschaftsaktionen, mit denen er ab 2012 beginnt: Die Teilnehmer erhalten poetisch anmutende Anweisungen, als Gruppe ganz einfache Handlungen auszuführen. Damit untersucht Tanaka weiter die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gemeinsamen Handelns. Als 2011 die Atomkatastrophe von Fukushima die Welt erschüttert, bekommt das Alltägliche unweigerlich eine politische Dimension. Die Anweisung, mitgebrachte Teebeutel in einer Kanne aufzubrühen und dann gemeinsam zu trinken, die Tanaka ein Jahr später für „ Communal tea drinking“ stellt, gleicht einer Vertrauensfrage: Ein großer Teil der japanischen Teeernte aus den Anbaugebieten 200 km südwestlich von Fukushima ist seit 2011 radioaktiv kontaminiert.

Der 1975 in Tochigi, Japan, geborene Künstler bezieht sich in seinen Aktionen häufig auf die gesellschaftliche Situation in seinem Heimatland. Doch stets reagiert er auf den Ort, an dem die Aktion stattfindet. So auch in London, wo er mit einer Gruppe die Wegstrecken noch einmal nachläuft, die Bewohner während der Unruhen 2011 durch die brennenden Vororte nehmen mussten, um nach Hause zu gelangen. Ganz egal, ob er die Teilnehmer auffordert, im Dunklen ihre Taschenlampen zu schwenken oder gemeinsam 24 Stunden in einer Galerie zu verbringen – immer haben die Aufgaben auch eine allgemeine Bedeutung: Tanaka stellt die Frage, wie wir uns im Ausnahmezustand verhalten, was wir tun, wenn die Lage „prekär“ wird, technische und soziale Systeme versagen und wir zusammen mit anderen etwas lösen müssen. Genau darin liegt auch das utopische Potenzial dieser Aufgaben – alternative, sozialere Formen von Gemeinschaft nicht nur zu erträumen, sondern auch erfahren zu können.

Deutsche Bank KunstHalle
Unter den Linden 13-15
10117 Berlin
http://www.deutsche-bank-kunsthalle.de/kunsthalle/de/aktuelle_ausstellung.html



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