Mittwoch, 26. Oktober 2011

Japans künstlerischer Einfluss

Während die einen glauben, dass man vermeintlich nur mit dem „Zweiten“ gut sieht, gilt in der Kunst dagegen nur allzu oft: Man sieht nur, was man weiss. Vor vollem Haus gab am Dienstag, dem 25. Oktober, Dr. Gabriele Himmelmann in der Glinder Kupfermühle den sehr interessierten Zuhörern Gelegenheit, mehr über die vielfältigen Einflüsse japanischer Künstler auf bedeutende europäische Künstlerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts zu erfahren. Ein so spannendes wie umfangreiches Thema!

Die Referentin gab gleich zu Anfang ihres Vortrags unumwunden zu, keine Fachfrau für japanische Kunst zu sein, was sich vor allem an der fehlerhaften Aussprache der Namen japanischer Künstler und kleineren Ungenauigkeiten bemerkbar machte. Ihre Parallelen zwischen japanischer und europäischer Kunst, die sie fast ausschließlich auf ausgewählte französische Arbeiten eingrenzte, blieben daher überwiegend allgemeiner Art. Gleichwohl waren die aufgezeigten Spuren japanischer Künstler in den gezeigten Bildern aber dennoch für die Zuhörer sehr erhellend und selbst höchst bekannte Arbeiten wie z.B. van Goghs „Selbstporträt mit abgeschnittenem Ohr“ (1889) dürfte die Mehrzahl der Zuhörer hinterher wohl mit anderen Augen gesehen haben.

Zunächst gab Frau Dr. Himmelmann einen gelungen gerafften Schnell-Überblick über die historische Entwicklung Japans von seiner selbstgewählten Isolation bis hin zu seiner erzwungenen Öffnung in der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem anschließenden Durchbruch der „Japan-Mode“ im Rahmen der Weltausstellungen in Paris und London.
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Auch wenn sich das Publikum hier vielleicht mehr Bildmaterial gewünscht hätte, wurde - heutigen Moden gar nicht unähnlich - anschaulich, welche Formen die „Japan-Mode“ des 19. Jahrhunderts annahm - von japanischer Kleidung über Keramiken, den unvermeidlichen Wandschirmen und Fächern bis hin zu Holzschnitten (die zuerst als Einwickelpapier den Weg nach Europa fanden) und dem Gartenbau. Dieses „Kitsch-Japan“ fand sehr bald auch Niederschlag in aus heutiger Sicht dennoch sehr interessanten zeitgenössischen Gemälden, die die Japan-Verrücktheit der Zeit häufig auch in einem ironisch-humoristischen Licht wiedergaben.

Obwohl keine Expertin für japanische Kunst, konnte die Kunsthistorikerin dennoch vollkommen richtig anhand sehr anschaulicher Beispiele exemplarisch darlegen, welche ganz anderen Bildauffassungen und Kompositionstechniken in japanischen Holzschnitten zu sehen sind, die der europäischen Tradition bis dato fremd waren, wie etwa gewagte Bild-Anschnitte, das Fehlen einer Fernperspektive, die Silhouettenhaftigkeit der Figuren, das Fehlen von Schatten, das Schichten der einzelnen Bildelemente, das vermehrte Arbeiten mit pars pro toto-Effekten, welche allesamt auf eine Ornamentierung der Bilder hinausliefen.

Doch nicht nur Bildgestaltungsverfahren, auch bestimmte Motive wie Berge oder Brücken wurden von europäischen Künstlern der Zeit exzessiv übernommen. Viele der heute berühmtesten Künstler des 19. Jahrhunderts verfügten über umfangreiche Sammlung japanischer Holzschnitte, die sie für die Entstehung eigener Werke nutzten.

Dr. Himmelmann traf bereits an dieser Stelle die wichtige Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Richtungen der damaligen Japan-Rezeption: Die eine sammelte lediglich japanische Versatzstücke, weil es schick war, ohne sich um ein tieferes Verständnis der japanischen Kultur zu bemühen, weshalb sich der Begriff „anekdotischer Japonismus“ anbietet. Die andere Richtung, und hierauf richtete die Referentin im Folgenden ihr Augenmerk, ging jedoch über das modische Zitat hinaus und versuchte, einen eigenen Stil zu finden unter Einbeziehung der japanischen Einflüsse, sich die fremden Elemente also anzuverwandeln - ein Vorgehen, das seinerseits bis heute als sehr japanisch gelten kann.

Insbesondere anhand ausgewählter Arbeiten von Monet und van Gogh konnte die Kunstgeschichtlerin zeigen, dass - formal betrachtet - hier zwar typisch japanische Bildgestaltungsweisen zur Anwendung kamen (wie z.B. die Schichtung der einzelnen Bildelemente im Raum, die Reduzierung von Raum und Schatten, das Flächigerwerden der Bilder, mitunter drastisch zugespitzte Gebärden und Gesichtsausdrücke, die Silhouettenhaftigkeit oder auch dynamische Bildausschnitte sowie ungewöhnliche Fluchtpunkte), diese Bildgestaltungsweisen aber so eingesetzt wurden, dass ein eigener Stil („ein typischer Monet“, ein „typischer van Gogh“) dabei herauskamen. Dr. Himmelmann machte aber am Beispiel van Goghs auch deutlich, dass dieser eigene Stil, der auf selbständige Weise japanische Einflüsse verarbeitete, Ergebnis eines langen, künstlerisch höchst herausfordernden Arbeitsweges war.

Die Referentin versuchte darüber hinaus auch inhaltliche Parallelen zu finden, etwa in der häufig auch bei den gezeigten europäischen Arbeiten deutlichen Serialität der Bilder oder in der Darstellung der „flüchtigen“, höchst vergänglichen Welt der Vergnügungsviertel, was besonders bei den Arbeiten Toulouse-Lautrecs augenfällig wurde (siehe Bild "La Goulue").
"La Goulue"
Aus japanischer Sicht ist allerdings fraglich, ob es über diese mehr oberflächlichen Entsprechungen hinaus Ähnlichkeiten in der Auffassung der dargestellten Vergänglichkeit gibt, insbesondere hinsichtlich der kulturellen und spirituellen Wurzeln dieser Auffassung.
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"Blick auf Arles"
Auch wenn hier die Analogien manchmal sehr breit ausfielen, lohnte es sich dennoch, sich über diesen Aspekt der Arbeiten einmal nähere Gedanken zu machen, konnte Dr. Himmelmann doch anhand der Deutungen der Gemälde van Goghs am Beispiel des „Blick auf Arles“ überzeugend darlegen, dass manche psychologisierende Interpretation der Arbeiten zu falschen Schlüssen führt, weil der japanische Einfluss auf die Arbeiten van Goghs den Interpreten schlicht und ergreifend nicht bekannt ist. Hier erlebten die Zuhörer einen echten Höhepunkt der Darstellung, denn sie konnten mit eigenen Augen im Sinne eines „vorher-nachher“-Effekts nachvollziehen, dass dieses Wissen zu einer gründlich anderen Sichtweise dieser Bilder führt. Manche Personen des Publikums waren überrascht und konnten jetzt erstmals im Hintergrund des van Gogh-Selbstporträts „Selbstbildnis mit abgeschnittenem Ohr“ deutlich einen japanischen Holzschnitt ausmachen. Eigentlich nicht zu übersehen - wenn man es weiss.
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"Selbstporträt mit abgeschnittenem Ohr
Insgesamt also ein spannender wie erhellender Vortrag vor einem ungewöhnlich kompetenten Publikum, wie die Nachfragen z.B. nach Einflüssen auf bestimmte andere europäische Künstler aus Deutschland und England oder die Rolle der Umrandungen auf den Arbeiten zeigte. Schade lediglich, dass die Mehrzahl der Bildbeispiele allzu bekannt für die offensichtlich mit sehr guten Vorkenntnissen ausgestatte Zuhörerschaft  war und dem Hunger des Publikums nach mehr Bildbeispielen nicht mehr „Futter“ gegeben wurde.

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Endlich: Studiengang Lehramt Japanisch in Köln

Trotz Krise gehen die Verantwortlichen der Universität Köln offenbar von einem steigenden Bedarf an Japanisch-Lehrern aus, was uns wiederum sehr freut, denn wenn möglichst viele junge Menschen die japanische Sprache erlernen, würde das der Deutsch-Japanischen Freundschaft einen enormen Schub verleihen!

Obwohl Hamburg den ersten Studiengang Japanologie in Deutschland anbot, ist es die Universität Köln, die nun als erste deutsche Hochschule den Studiengang Lehramt Japanisch als reguläres Lehramtsfach anbietet. Geplant ist für 2012 ebenfalls eine Juniorprofessur für eine bessere Vermittlung der Sprache. Nach Angaben der Universität sind es vor allem Gymnasien und Gesamtschulen, die vermehrt Japanisch anbieten und hierfür Personal suchen. Im Wintersemester soll es losgehen!

Wer sich hierfür interessiert, wende sich bezüglich der Details bitte zunächst an die unten folgende Internet-Adresse. Hier wird im Grunde genommen alles erklärt: http://japanologie.phil-fak.uni-koeln.de/9277.html

Für weiterführende Rückfragen, die dann noch offen sein sollten, steht sonst Frau Prof. Dr. Franziska Ehmcke unter franziska.ehmcke(at)uni-koeln.de zur Verfügung.

Kostenlose Hin- und Rückflüge nach Japan?

Japan hat - vielleicht nicht für alle, aber die meisten - Touristen aufgrund der Atomkatastrophe in Fukushima ein Imageproblem im Ausland. Das Schimpfen der japanischen Presse über die hiesige vermeintlich übertriebene oder panische Berichterstattung ändert daran wenig. Greenpeace äußerte sich dieser Tage kritisch über eine mögliche Strahlenbelastung in Tokio ohne sich zu genau festlegen zu wollen und in der japanischen Presse war in den vergangenen Tagen häufiger von "radiation hotspots" in Tokyo (also vereinzelten Stellen mit deutlich erhöhten Strahlenwerten) die Rede. Einerseits wird glaubhaft gemacht, dies habe nichts mit Fukushima zu tun, wie aber z.B. eine alte, vergammelte, dennoch offenbar hochgradig strahlende Flasche in einen bestimmten Tokyoter Stadtteil kommt, wird auch nicht schlüssig erklärt.

Vor diesem Hintergrund soll wenigstens in der Tourismus-Wirtschaft der Super-Gau vermieden werden - der derzeit aus europäischer Sicht teure Yen macht es dabei nicht einfacher. Als Gegenmaßnahme verkündete am Dienstag dieser Woche die japanische Tourismusbehörde neue Pläne, dass an Ausländer 10.000 (in Worten: zehntausend!) Hin- und Rückflug-Tickets vergeben werden sollen, für die Unterbringung während der Zeit in Japan müssten die Reisenden jedoch selbst aufkommen.

Die Agentur kündigte an, eine web site eröffnen zu wollen, auf der Bewerber einige Fragen beantworten müssen, z.B. was sie über den Tourismus in der Zeit "danach" wissen und welches ihre Reiseziele sind. Während oder nach der Reise sollen die Begünstigten in blogs oder anderen social media web sites über ihre Erfahrungen berichten, in der Hoffnung, so mehr Touristen ins Land locken zu können. Nach Ansicht der Behörde wird es wohl Jahre dauern, bis die Tourismus-Wirtschaft den Umsatz der Vorkatastrophen-Zeit wieder erreicht haben wird, ganz zu schweigen vom einstmals ausgegebenem Ziel, pro Jahr 30 Millionen Besucher anzuziehen. Allerdings soll diese Initiative mit rund 1,1 Milliarden Yen aus Steuergeldern im kommenden Jahr auch deshalb finanziert werden, weil sich staatliche Stellen davon eine Steigerung der Inlands-Nachfrage und eine Wiederbelebung örtlicher Wirtschaftsstrukturen versprechen.

Die Idee hinter dieser Aktion entstammt einer Umfrage, die ergab, dass viele mögliche Besucher dem Urteil ihrer Landsleute vertrauen würden - wenn also meine Bekannten das Reisen in Japan für sicher halten, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich mich dieser Ansicht anschließe, so die Umfrage. 

TATSÄCHLICH sieht es aber so aus, dass über diese Pläne derzeit noch nicht entschieden ist und frühestens ab April 2012 eine Bewerbung um die Gratisflüge möglich wäre. Die in der deutschen Presse (darunter auch dem Hamburger Abendblatt vom 12. Oktober 2011) verbreitete Darstellung, die Gratisflüge stünden ab April 2012 zur Verfügung, ist FALSCH.

Die japanische Tourismus-Behörde warnt in diesem Zusammenhang vor ersten Betrügern!
(Quelle hier: http://www.mlit.go.jp/kankocho/en/page01_000222.html)

EIN Ziel dürfte die Agentur immerhin erreicht haben: VIEL, VIEL Aufmerksamkeit. Und: Wer auf dem Laufenden gehalten werden will, ob und wann die Gratisflüge kommen, soll sich regelmäßig bei der Facebook-site der Agentur umsehen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt - in Zeiten von Internet-Marketing 2.0 werden wir uns an derlei "Gratis-Aktionen" wohl gewöhnen müssen...

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Auf zum Japantag in Düsseldorf!


Die Wettervorhersagen sind vielversprechend - japanbegeisterte Hamburger sollten also ruhig den Trip nach Düsseldorf am kommenden Samstag wagen. Dort findet am 15. Oktober ab 12.30 Uhr bis ca. 22 Uhr zwischen Burgplatz und Landtag ein so in Deutschland selten vielfältig zu erlebendes Festival rund um alles Japanische statt.

Dabei dürfte für jeden Geschmack etwas geboten sein - von Konzerten (klassische Instrumente bis J-Pop), Cosplay-Modenschau, Taiko, Straßenfußball mit japanischen Schulen, Theater, Tanzgruppen, Chören, Manga-Wettbewerb, Vorführung verschiedener Kampfkünste, einem Saumurai-Heerlager, J-Pop-Disco und einem grandiosen abschließenden Feuerwerk.

Die Besucher können daneben an einer Vielzahl von Verkaufs- und Informationsständen vorbeiflanieren und viel Japanisches mit nach Hause nehmen - traditionelles Kunsthandwert wie moderne Accessoires sind ebenso erhältlich wie Bücher, "Mangabedarf", touristische Informationen, japanische Farbholzschnitte, Kimonos, Lackkunst und eine Vielzahl von Vereinen von Manga- und Anime bis Kultur- und Wirtschaftsinstitutionen stellen sich vor. 

Wer schon einmal in Düsseldorf ist, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen bei freiem Eintritt den buddhistischen Tempel, den Tempelgarten und die Anlagen des EKO-Hauses anzusehen - ein echtes Stück Japan in Deutschland!

Die Japanfreunde Hamburg wünschen gute Reise!

Das gesamte Programm steht unter www.japantag-duesseldorf-nrw.de zum download bereit.

Freitag, 7. Oktober 2011

Japan-Tag beim HarbourFront Literaturfestival

Bereits vor längerer Zeit hatten die Macher des HarbourFront Literaturfestivals die Idee, einen Japan-Tag im Rahmen dieses Festivals zu veranstalten, das bundesweit zu den bedeutendsten Literaturfestivals zählt, obwohl es in diesem Jahr erst zum dritten Mal stattfand. Mit tatkräftiger Unterstützung von japanischer Seite, darunter vor allem seitens des japanischen Generalkonsulats in Hamburg, konnten die Veranstalter einen sehr abwechslungsreichen Tag dem zahlreich erschienenen Publikum bieten, der den Bogen von der Tradition bis zur Gegenwart am Beispiel ganz unterschiedlicher Künste spannte.

Nach Grußworten von Heinz Lehmann für die Festival-Leitung und Generalkonsul Setsuo Kosaka durften dabei die Japanfreunde Hamburg den Auftakt mit einer Lesung der schönsten japanischen Märchen und Samurai-Geschichten machen. Dabei zeigten sich nicht nur erstaunliche Parallelen zwischen deutschen und japanischen Märchen, die Neu-Übersetzung der klassischen Stoffe in die heutige deutsche Gegenwartssprache machte auch deutlich, wie aktuell viele der Märchen auch heute noch sind - vor allem, wenn man sie als Charakterstudien über die menschliche Natur oder als amüsante Parabeln auf die Krisen der Gegenwart zu lesen geneigt ist.


Wer traditionelle Märchen nicht aus heutiger Sicht interpretieren mochte, erfuhr beim Zuhören quasi ganz nebenbei viel über japanische Kultur und wichtige mentalitätsgeschichtliche Einflüsse, beispielsweise ein typisches Beispiel buddhistischen Denkens anhand der Samurai-Geschichte "Das Duell des Schreckens". Ein Mitschnitt dieser Geschichte und ein paar fotografische Eindrücke vom Japan-Tag sind hier zu sehen und zu hören - wenngleich das unaufhörliche geschäftige Treiben in der Hafen-City es unserem Tontechniker nicht ganz leicht gemacht hat:


Im Anschluß daran gab die bekannte Tee-Meisterin Kazuko Chujo eine Einführung in die japanische Teezeremonie. Wie auch bei ihren beliebten Einführungen in die Teezeremonie im Teehaus von Planten un Blomen verwöhnte sie auch diesmal die Gaumen der Anwesenden nicht nur mit erstklassigem Grüntee (dessen richtige Zubereitung - das Schaumigschlagen - tatsächlich eine Wissenschaft für sich ist, damit es auch meisterhaft schmeckt), sondern auch mit einer sehr leckeren, typisch japanischen Süßigkeit.

Vor seinem Konzert in Glinde (siehe vorausgegangenem post) gab hier Shamisen-Spieler und Taiko-Trommler Yoshiyuki Kimura bereits schon einmal eine Kostprobe seines außergewöhnlichen Könnens an den Trommeln. Ein eindrucksvoller musikalischer Leckerbissen, besonders auch für alle, die sich bereits gut mit Taiko auskennen.


Der eigentliche Höhepunkt des Abends sollte jedoch noch folgen. Vorbereitet durch einen Vortrag von Dr. Andreas Regelsberger, der einen einführenden Überblick über die moderne japanische Literatur gab, las die junge Schriftstellerin Risa Wataya aus ihrem Buch "Hinter deiner Tür aus Papier", wobei die deutsche Übersetzung von Annalena Schmidt vorgetragen wurde. Wataya kann in ihrer Heimat auf beeindruckende Erfolge bei Leserschaft und(!) Kritikern zurückblicken, so erhielt sie wie die in diesem Jahr in Hamburg ausführlich geehrte Yoko Tawada ebenfalls den Akutagawa-Literatur-Preis, der auch bei uns mittlerweile sehr bekannt sein dürfte und nach wie vor als einer der drei bedeutendsten, wenn nicht gar als DER bedeutendste japanische Literatur-Preis gelten kann. Im Anschluß an die Lesung hatte das sehr zahlreich erschienene Publikum Gelegenheit, seine eigenen Fragen an die Autorin zu richten.


So ging eine sehr gelungene Veranstaltung zu Ende, die im Unterschied zu vielen anderen Veranstaltungen mit Japan-Bezug in der Hansestadt endlich einmal den Vergleich mit Veranstaltungen in den Hauptstadtmetropolen nicht zu scheuen brauchte.

Yoshiyuki Kimura rockt Glinde

Liebhaber traditioneller japanischer Instrumente hatten in diesem Monat dank des großzügigen Engagements des japanischen Generalkonsulats gleich doppelt Gelegenheit, in zwei besonderen Konzerten außergewöhnliche und sonst selten zu hörende Klänge zu vernehmen.

Ensemble Koden no kai
Am 30. September ließ das Ensemble "Koden no kai" aus unserer Partnerstadt Osaka im wunderschönen Spiegelsaal des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe die abwesenden Figuren des Bunraku-Figurentheaters lebendig werden. Mit Hilfe der Stimme des "Erzählers", der die ganze Bandbreite der menschlichen Stimme von Rezitation bis Gesang in allen Klangfarben und Intonationen ausschöpfte und dank der gleichwertigen, aber dennoch unaufdringlichen Ergänzung durch die Shamisen wurden die klanglich dargestellten Figuren des Bunraku mit ihren Charakteren und Gefühlen präsent.

Bereits zuvor am 20. September hatten die Besucher des Glinder Asienforums Gelegenheit, ein ganz außergewöhnliches Konzert zu erleben. Yoshiyuki Kimura spielte im ersten Teil des Konzerts die Shamisen und danach im zweiten Teil ein Ensemble von Taiko-Trommeln. Er überraschte sein Publikum immer wieder durch die enorme Dynamik seiner Darbietungen, aber auch durch seine Vielseitigkeit. So vermochte er einerseits einen aufschlußreichen Eindruck traditioneller Stücke zu vermitteln, spielte auf beiden Instrumenten aber auch neue Stücke und eigene Kompositionen.

Immer wieder erläuterte er, übersetzt von Kulturkonsul Yakabe, das Geschehen auf der Bühne und erklärte sowohl die von ihm während des Shamisen-Spiels getragene traditionelle Kleidung als auch viel Wissenswertes über die von ihm gespielten Instrumente, die musikalische Tradition und die vorgetragenen Stücke. Seine gezielte Verbindung von Tradition und Gegenwart fand so nicht nur in der Auswahl seiner Stücke Ausdruck, sondern die Zuschauer hatten im zweiten Teil ungewöhnlicherweise Gelegenheit, einen Taiko-Trommler im neuesten Designer-outfit zu erleben.


Eine ganz einmalige persönliche Note erhielt das Konzert durch die Tatsache, dass Kimura mit einem erstmals öffentlich dargebotenen, eigenen Taiko-Stück von den Trommeln Abschied nahm, die er als zehnjähriger Junge von seinem Vater als Geschenk erhalten hatte. Der Künstler hatte in Hamburg zuvor einen workshop gegeben und sich daraufhin entschlossen, seine Trommeln, die ihn seit seiner Kindheit ein ständiger Begleiter waren, der Hamburger Taiko-Gruppe zu schenken(!), die er bei dem workshop unterrichtet hatte.


In dem anschließenden Abschieds-Stück ließ er der ganzen Bandbreite seines Könnens und seinen Emotionen freien Lauf. Angesteckt von so viel Gefühl und Ausdruckskraft nahm das Publikum im Anschluß daran nur zu gerne die Einladung an, den Künstler bei seinem letzten Stück des Abends akustisch zu begleiten. Das Publikum zeigte sich nicht nur beeindruckt, sondern auch sehr dankbar für diesen außergewöhnlichen Abend und dankte es Kimura mit standing ovations. Nicht unerwähnt bleiben sollte an dieser Stelle, dass das Konzert dank der Großzügigkeit des japanischen Generalkonsulats keinen Eintritt kostete(!) - kaum zu glauben angesichts eines solch außergewöhnlichen Konzert-Abends, der dem Publikum sicherlich noch lange in erfreulicher Erinnerung bleiben wird - denn wann wurde eine Halle zuvor schon einmal von einer Shamisen gerockt?

Wo ist die Kirschblütenprinzessin?


Alle zwei Jahre hat Hamburg die Ehre als eine von drei Städten weltweit auch außerhalb Japans eine "offizielle" Kirschblütenprinzessin zu wählen. Es geht dabei vor allem um die Außendarstellung Hamburgs gegenüber der Wirtschaft, der japanischen Politik, aber auch um Völkerfreundschaft. Die jüngste "Ehemalige", die 26. Kirschblütenprinzessin Annika Schulze, deren Amtszeit vor kurzem zu Ende ging, hat auf gelungene Weise gezeigt, was sich aus diesem Ehrenamt alles machen lässt - nicht nur aufgrund ihres persönlichen Charmes und ihrer Eloquenz, sondern vor allem auch aufgrund ihrer als junge Architektin vielseitigen kulturellen Interessen.


Am 24. September nun wurde offenbar eine neue Kirschblütenprinzessin gewählt. So erging zumindest eine Einladung an Mitglieder der Deutsch-Japanischen Gesellschaft zu Hamburg und auch auf dem Terminkalender des japanischen Generalkonsulats tauchte eine kurze Erwähnung der Wahl auf. Im Hamburger Abendblatt fand sich bereits im April 2011 eine leicht zu übersehende kurze Notiz von wenigen Zeilen, die Bewerberinnen dazu aufforderte, sich zu melden.

Bedenkt man, dass sich zahlreiche japanische Zeitungen über die Panik mokierten, mit der  Europäer scharenweise das Land aufgrund der Atomkraftwerks-Katastrophe in Fukushima verließen und berücksichtigt man die Tatsache, dass der Austausch von Studenten von deutscher Seite soweit bekannt vollständig abgesagt wurde und erst jüngst in der japanischen Presse mit Unverständnis darüber berichtet wurde, dass die deutsche Botschaft in Tokyo anscheinend zehn freie Stellen derzeit nicht besetzen kann, weil sich keine Bewerber finden, dann kann man erahnen, dass es wohl keine leichte Aufgabe war, in diesem Jahr eine geeignete und gewillte Kandidatin zu finden.

Denken wir an die Wahl der 26. Kirschblütenprinzessin vor zwei Jahren zurück, so gelang es damals den Veranstaltern über die lokale Presse und einen kurzen Bericht im lokalen Fernsehen einen beachtlichen Teil der Hamburger Öffentlichkeit zu erreichen und so nicht nur das deutsch-japanische Leben in Hamburg bekannter zu machen, sondern auch eine Vielzahl an sehr unterschiedlichen Kandidatinnen zu werben. In diesem Jahr findet sich dagegen eine kaum zu fassende Funkstille - wer sich derzeit auf der web site der Deutsch-Japanischen Gesellschaft umsieht, der findet dort weder einen Hinweis auf die Wahl am 24. September noch in den zwei Wochen danach einen Bericht über die Wahl zur neuen, 27. Kirschblütenprinzessin. Auch die Verlautbarungen des japanischen Generalkonsulats weisen hier keinerlei Informationen auf, selbst eine Internet-Recherche verläuft dieser Tage vollkommen ergebnislos - obwohl doch der "große Bruder" aus Amerika sonst alles mit seiner digitalen Brille sieht... Auf Nachfrage beim japanischen Generalkonsulat war immerhin der Name der neuen Kirschblütenprinzessin zu erfahren - Marina Reinhardt - weiteres ist aber bis dato nicht bekannt. Dem Vernehmen nach fand die Wahl in einer sonst für Senatsempfänge reservierten Räumlichkeit des Hamburger Rathauses statt - sicherlich kein Rahmen, der zu häßlich zum Fotografieren wäre oder für den sich die Veranstalter schämen müssten.

Während frühere Kirschblütenprinzessinnen nicht nur Japan bereisten, um Hamburg zu "promoten", sondern ihr Amt auch nach Kräften dafür nutzten, um im Gegenzug ebenso für die Beliebtheit Japans in Hamburg zu werben (man denke an die zahlreichen, mitreißenden Vorträge der ehemaligen Kirschblütenprinzessin Annika Schulze in der Handelskammer, der Universität, vor dem Glinder Asienforum oder ihre Auftritte in Niedersachsen und Schleswig-Holstein), so wird jetzt das Amt der Kirschblütenprinzessin scheinbar zu einer Veranstaltung, die mit der Öffentlichkeit nichts mehr zu tun hat.

Das ist sehr schade, denn im Vergleich zu Düsseldorf und Berlin hat das Hamburger Deutsch-Japanische Leben nur wenige Events (so wie jüngst der Japan-Tag des HarbourFront Literaturfestivals) und Institutionen zu bieten, die bundesweite Geltung beanspruchen können. Und im Vergleich zu diesen befreundeten, aber auch konkurrierenden Metropolen kann es sich Hamburg eigentlich nicht leisten, auf einen solch attraktiven "Joker" zu verzichten.

Mal schauen, ob und wann sich das Geheimnis um die "Neue" lüftet... es bleibt spannend!